Heilig Abend - Einführung unserer neuen Krippenfiguren: Pedigt und Bilder

Am Schluss der Predigt, in der es um eben diese wunderschönen Kippenfiguren ging - und zwar um deren Existenz in uns selber - konnten sie endlich beim Hinausgehen aus der Rehnaer Kirche betrachtet werden.

Wochenlang hatten sich immer wieder Glieder unserer Kirchengemeinde zum Filzen getroffen. Wie in einem der vorigen Beiträge zu lesen und zu sehen ist, lösen sie ältere, inzwischen schadhafte, schon zu DDR-Zeiten entstandene Kippenfiguren ab.


Wir sind den fleißigen Filzern sehr dankbar, ebenso Herrn Hoppe, der diesen wunderbaren neuen alten Stall gabaut hat - mit Naturholzstabverkleidung der Außenwände und Holzschindeldach, dazu zusammenklappbar und mit elektrischem Licht versehen!     Nun die Predigt von unserem Pastor Andreas Ortlieb.



- Pastor steht noch unten:
- „Hören Sie, hört ihr es auch rumpeln?“; „Was ist das?“; „Woher kommt es?“
- „Es poltert da in der Ecke!“; „Ich geh mal hin!“
- „Hier ist ein alter Koffer. Darinnen rumpelt es so.“ Lässt Gottesdienstteilnehmer hören. „Hören Sie es auch?“

 Diese Predigt gab es drei mal - das erste Mal hier in Meetzen.


- Pastor geht mit dem Koffer auf die Kanzel.
- Ob ich den hier öffnen kann? Was meinen Sie? Ach, ich tue es einfach. (Koffer wird leicht geöffnet und Pastor schaut rein.)
- Da ist jemand drin. „Hallo, Sie da im Koffer!“
- „Das ist ja eine ganze Gesellschaft.“ „Ob ich da mal reinfasse?“ „Hoffentlich beißen sie nicht!“ (Pastor holt Maria heraus)
- Schönen guten Tag, junge Frau! Wer sind Sie denn?




- O, die junge Frau spricht sehr leise. Wenn ich aber ganz dicht herangehe, kann ich sie verstehen. Maria, sagt sie, heißt sie.
Maria, Du gehörst ja auch in die Weihnachtszeit.
Jetzt erinnere ich mich: In der Vorweihnachtszeit trafen sich immer wieder geschickte Leute in unserem Gemeinderaum. Sie haben aus Wolle Krippenfiguren gefilzt. Und du, Maria, gehörst zu den Glücklichen, die dabei geboren wurden. Ich weiß, dass sich Eure Mütter und Väter etliche Male getroffen haben. Mit viel Zärtlichkeit und Geduld haben sie eure Körper geformt. Immer wieder ließen Sie ihre Finger über euch gleiten bis Ihr endlich so entstanden seid, wie ihr jetzt erscheint.
So wie die Fasern der Wolle durch das Filzen ineinandergreifen und sich verbinden, so haben sich auch Eure Väter und Mütter durch die intensive Beschäftigung mit Euch verbunden. „Mein König“, sagte jemand oder „meine Maria“.
Niemand von euch hat Augen, Nase oder einen Mund. Aber das Gesicht spiegelt doch den Charakter wider? Wieso fehlen Augen, Nase und Mund bei Euch? (Pastor hält sich Maria ans Ohr)   Ach so, damit sich jeder von uns Betrachtern in Euch wiederfinden kann.
Kann ich mich wiedererkennen in dir, Maria? Lebt auch eine Maria in mir? Maria, du bist diejenige, zu der der Engel einst kam. Er verkündigte dir damals, dass Du ein ganz besonderes Kind gebären wirst, ein göttliches Kind, das die Welt verändern wird. Was war das damals für eine riesige Botschaft für dich, junge Frau? Heute würde man sagen: du musst ja völlig überfordert gewesen sein. Aber du hast deine Bestimmung angenommen und getragen.
Eine Maria in mir würde eine sein, die schwere Aufgaben in ihrem Leben erhält, die sie meistern muss. Da hat jemand einen Menschen verloren, der zu ihm gehört, einen anderen plagt eine Krankheit und einem nächsten drücken schwierige Familienverhältnisse. Alles Aufgaben, die angenommen und getragen werden müssen, so wie Maria es getan hat: „Maria durch ein Dornwald ging…“.
Maria, diese schwache und zugleich starke Frau, ist aber auch diejenige in mir, die Gott aufnimmt. Sie ist in ihrer Mütterlichkeit bereit, Gottes Wirklichkeit in ihr Leben einzulassen. In ihr erwacht Gott zum Leben. Das ist nicht nur einfach. Da ist in ihr das göttliche Leben noch ganz klein und schwach, verletzbar. Mächtige Herrscher wie Herodes – oder die Vernunft – möchten es am liebsten mit Gewalt töten:
„Was ist das für ein Quatsch, Gott in dir!? Fort mit solchen Sentimentalitäten.“
Gott sei Dank ist Maria nicht allein. Sie hat ja noch den Josef an ihrer Seite, ebenfalls auch in uns. Josef ist ihr Verlobter. (Josef rausholen)  Anfangs war es, dir, Josef bestimmt peinlich, als Maria sagte, dass sie das göttliche Kind in sich spüre. Für dich zählten die Fakten: Deine Verlobte soll ein Kind bekommen und da warst du dir sicher: Es ist nicht von dir! Im ersten Moment wolltest Du Maria deshalb verlassen. Sie wäre dann – in der damaligen Zeit - eine Mutter in Schimpf und Schande geworden. So weit war es aber nicht gekommen. Denn du, Josef, bist sehr sensibel, du hörst auf die Stimme der Gefühle, auf die feinen Zwischentöne, auf deine Träume. Und im Traum hat dir Gott sein Geheimnis offenbart und du nahmst deine Träume wahr. Infolge hieltest du durch Dick und Dünn zu deiner Maria.
Josef beschützt in seiner starken und sensiblen Art Maria und das göttliche Kind, das in mir zur Welt kommen möchte. Alle Angriffe des Herodes, der Vernunft, der Überheblichkeit, die da sagen: „Das Leben ist Essen und Trinken, Macht und Reichtum – mehr nicht!“ – werden von Josef umgangen. Ja, er flieht sogar mit Maria und dem Kind bis nach Ägypten, um das zarte neugeborene Leben zu schützen.
So Josef, du stell dich bitte zu Maria.
Und ich schau noch einmal in den Koffer, wer da noch drin ist. (Holt Hirt heraus)
Na, du bist ja ein ganz schicker. Aber ein bisschen riechst du – nach Schaf, glaube ich. Wenn mich nicht alles täuscht, bist du ein Hirte. Die Hirten waren ja im alten biblischen Israel hoch angesehene Leute. So war der große König David ein Hirt. Und auch Gott wird mit einem Hirten verglichen, so im Psalm 23: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“. Aber dann im Laufe der Jahrhunderte setzte der soziale Abstieg der Hirten ein. Hirten wurden rauflustige wilde Gesellen, die außerhalb der übrigen Gesellschaft lebten. Zurzeit von Jesus waren sie sozial so weit abgestiegen, dass gut situierte Menschen nichts mit ihnen zu tun haben wollten. Aber genau zu den unwürdigen Hirten kommen die Engel und verkünden ihnen die Geburt des Erlösers. Welch Glanz in ihren Hütten.
(Ach, jetzt erzählt er wieder etwas in seinem brummigen Bass): Dass ausgerechnet zu euch Hirten die Engel kamen, das hat euch sehr bewegt. Und ihr habt euch an eure frühere Würde als Hirten erinnert. Einigen von Euch kamen dabei sogar die Tränen.
Auch diese Hirten stecken in mir. All die krummen Dinge, die in mir vor- gehen, all das, was nicht unbedingt ans Tageslicht kommen soll. Denn es war Nacht bei den Hirten. Das ist keine Zeitansage, sondern eine Beschreibung ihres Lebens.
Doch diese Hirten in mir hören die Botschaft vom göttlichen Kind. Und sie machen sich auf, dieses Kind auf sich wirken zu lassen. Ja, es gibt immer wieder einen Neuanfang – auch dafür lebt das Kind in mir. 

Die Hirten in mir, dass sind die alten Ideale, die tief in mir schlummern, die verschütt gegangen sind im Laufe der Zeit, im Alltäglichen. Manchmal erwachen sie wieder in alter Pracht, dann, wenn Gott mich berührt, wenn ich die Engel singen höre. Da war doch einmal mehr, was mir wichtig war, der Zauber des Lebens, des Daseins, große Ziele… .
„Ja, du stolzer Hirte, gehe nun zu Maria und Joseph.“ Später wirst du es sein, der anderen Menschen von der Geburt des Gotteskindes erzählt.

Ach, ich schau nochmals in den Koffer. (Holt Engel raus). Ich weiß, wer du bist. du bist ein Engel. Du, lieber Engel, stehst für die unmittelbare Verbindung zu Gott. In der Weihnachtsgeschichte seid ihr Engel es, die jubeln und Freude verbreiten. So ist es, wenn man mit Gott verbunden ist, dann kann man jubeln und fröhlich sein.





Und dann habe ich hier noch ganz, ganz edle Personen. (rausholen) Ihr seid wohl die Weisen aus dem Morgenland. Später wurdet Ihr als die drei Könige bezeichnet: Kaspar, Melchior und Balthasar. Einer von Euch kommt aus Afrika und hat deshalb eine tiefdunkle Hautfarbe. Ihr habt Euch auf den weiten Weg gemacht, um dem göttlichen Kind die Ehre zu geben.
Wenn Gott in mir geboren wird, dann steht ihr für die Würde, die mit diesem Geschehen verbunden ist und für die Sehnsucht, die Suche nach dem, wofür es sich zu leben lohnt.
Denn die Weisen folgten dem Stern. Sie fanden das Kind der Hoffnung, des Vertrauens zum himmlischen Vater.
Und was ihnen vordem wichtig war, legen sie hier ab:  Das Gold des Habenwollens und Besitzes, den Weihrauch der eigenen Beweihräucherung mit Ehre und Anerkennung und die bittere Myrrhe der Sorge um das eigene Glück.

Ich schaue noch einmal in den Koffer. (holt das Kind heraus) Hier ist noch das Wichtigste, das Kind. Das hat die Anleiterin des Filzkurses unserer Kirchengemeinde geschenkt. Denn das Wichtigste im Leben wird einem geschenkt. Wir, liebe Gemeinde, können noch so sehr das Weihnachtsfest vorbereiten, dass es aber ein schönes Fest wird, das wird uns geschenkt. So wie uns die Liebe geschenkt wird und das Vertrauen.
Das göttliche Kind in uns schenkt uns das Vertrauen zu Gott, zu dem Seinsgrund unserer Welt, dieses Urvertrauen. Dieses Kind lässt uns auch in allen Widrigkeiten des Lebens sagen: „lieber Papa, lieber Vater im Himmel“. Dir vertraue ich.

- Amen -

     

Kommentare